Bio­gra­fie

Einem grö­ße­ren Publi­kum sozu­sa­gen über Nacht bekannt wurde die Münch­ner Foto­gra­fin Sonja Her­pich (* 1979) durch die Bild­stre­cke „half kit­chen“ in der Süd­deut­schen Zei­tung, für die sie sich jeden Tag zwei­mal selbst als Wiesn-Bedienung por­trä­tiert hat: ein­mal in der Früh vor Dienst­an­tritt, und ein­mal abends, mit unüber­seh­ba­ren Spu­ren der Volksfest-Tortur im Gesicht. So rich­tig tren­nen las­sen sich bei ihr Auf­trags­ar­bei­ten, doku­men­ta­ri­sche Foto­gra­fie und freie Arbei­ten sowieso nicht, ihr eige­ner Stil ist immer sehr prä­sent: In einem zumeist typisch baye­ri­schen land­schaft­li­chen Umraum erklärt sie das Häss­li­che, Neben­säch­li­che oder Lang­wei­lige zum eigent­li­chen Bild­ge­gen­stand und bricht auf diese Weise mit Kli­schees und ste­reo­ty­pen Erwar­tungs­hal­tun­gen – und ver­weist mit sub­ti­ler Iro­nie dar­auf, dass hier kul­tu­relle Authen­ti­zi­tät mas­siv bedroht ist. Aber auch eine nord­deut­sche Deich­land­schaft bleibt nicht außen vor, ihre beängs­ti­gende Auf­ge­räum­theit und Linea­ri­tät rei­zen zum Wider­spruch, indem die Bil­der noch auf­ge­räum­ter, linea­rer struk­tu­riert sind. Her­pich, die 2012 einen der begehr­ten Lea­dA­wards gewin­nen konnte, arbei­tet seit 2011 als Foto­gra­fin für das Maga­zin MUH und kann dort ihrer Vor­liebe für baye­ri­sche Volks– und Alter­na­tiv­kul­tur fröh­nen – zumeist mit bewusst pla­ka­ti­ven Insze­nie­run­gen, die über die iro­ni­sche Bre­chung hin­aus das Beson­dere und auch Skur­rile der Por­trä­tier­ten ver­mit­telt. Die Vor­liebe Sonja Her­pichs, mit Kon­ven­tio­nen zu bre­chen, signa­li­sie­ren auch unge­wöhn­li­che Arran­ge­ments: So gibt es einige Foto­gra­fien nur als Leucht­kas­ten­ob­jekte, andere errei­chen durch appli­zierte far­bige Neon­röh­ren eine ganz neue Bedeu­tungs­ebene.
Es wäre zwei­fels­ohne zu kurz gegrif­fen, die Foto­ar­bei­ten von Sonja Her­pich allein unter dem Schlag­wort einer kri­ti­schen Bavaro­phi­lie zu ver­or­ten. Doch kann es etwas Schö­ne­res geben, als Urge­stei­nen wie Hans Söll­ner, Kofelg­schroa, LaBrass­Banda und Ott­fried Fischer foto­gra­fisch auf die Lei­ber zu rücken und zugleich den Kul­tur­bruch mit Bil­dern von nord­deut­schen Tou­ris­ten beim Pick­nick am Berg lust­voll zu zelebrieren?

Cur­ri­cu­lum Vitae
1979 gebo­ren in Höch­städt an der Donau, Lkr. Dil­lin­gen a. d. Donau, Bayern
2000–2003 Aus­bil­dung zur Foto­gra­fin in einem Wer­be­stu­dio und im Deut­schen Museum, München
2003–2007 Erste freie Arbei­ten; Fotoas­sis­tenz bei renom­mier­ten Mode­fo­to­gra­fen weltweit
2007 Frei­schaf­fende Fotografin
2011 Fes­ter Bestand­teil des Foto­teams von MUH – Baye­ri­sche Aspekte, Maga­zin für baye­ri­sches Wesen und Unwesen
Sonja Her­pich wohnt und arbei­tet in München
Aus­stel­lun­gen (D = Dop­pel­aus­stel­lung, G = Gruppenausstellung)
2013 “Wel­come to Schla­waf­fen­land” (G), Benefitz-Ausstellung, Edgy&Cheesy, München
2015 ARTMUC (G), Pra­ter­in­sel, München
2015 „all­tag auf ewig“ (E), Ingo Seu­fert Gale­rie für Foto­gra­fie der Gegen­wart, München
2013/14 INTRO15“ (G), Ingo Seu­fert Gale­rie für Foto­gra­fie der Gegen­wart, München
2013 Mühl­bach­tage (D), Super2000, München
Toll­wood Fes­ti­val (G), Olym­pia­ge­lände, München
STROKE Art Fair (G), Pra­ter­in­sel, München
2012 „Visual Lea­der“ (G), Haus der Pho­to­gra­phie, Deich­tor­hal­len, Hamburg
Mühl­bach­tage: „Blick ins Fens­ter“ (D), Super2000, München
STROKE Art Fair (G), Pra­ter­in­sel, München
2011 YMC 2nd EDITION (G), whi­te­BOX Kult­fa­brik, München
STROKE Art Fair (G), Zenith, München
Preise und Auszeichnungen
2012 Lea­dA­ward 2012 für Archi­tek­tur– und Still-Life-Fotografie des Jah­res; Auszeichnung
Biblio­gra­fie – Auswahl
2016 Almut Otto / Sonja Her­pich: „Hei­matrau­schen“, J. Berg, Mün­chen, 2016
2015 Kathe­rine Sacks: “This Beer Maid Will Work Okto­ber­fest Until She Dies”, munchies.vice.com (18.9.2015)
2014 “Dan­cer in the Dark”, huffingtonpost.de (27.11.2014)
Kathe­rine Sacks: “All­tag und Nach­we­hen einer Okto­ber­fest­be­die­nung”, munchies.vice.com (9.10.2014)
2012/13 “Sonja Her­pich”, in: Ele­phant Maga­zine, Issue 13 – Win­ter 2012/13, p. 196–197
2012 HeH: „Wiesn­ta­ge­buch der Foto­gra­fin Sonja Her­pich“, goldstueck.biz (21.9.2012)
2011 Catha­rina Tews: „Wie eine Alpen­über­que­rung“, sz-magazin.sueddeutsche.de (23.9.2011)
2011– Maga­zin MUH – Baye­ri­sche Aspekte, Maga­zin für baye­ri­sches Wesen und Unwesen
Refe­ren­zen
Alli­anz Ver­si­che­run­gen, Avant­garde – Gesell­schaft für Kom­mu­ni­ka­tion, Avant­garde Experts, Bio­land, Busi­ness First Ser­vices, CRP Kon­zert­agen­tur – Chiem­see Reg­gae Sum­mer, D.A.S. Ver­si­che­rung, Eulen­spie­gel Con­certs & Boo­king, ele­phant Maga­zin, DIE_FAVORITEN – Gesell­schaft für Mar­ken­er­leb­nisse, Geviert – Gra­fik & Typo­gra­fie, Gie­sin­ger Bräu, Hel­mut Mor­ri­son, Jane Goo­dall Stif­tung, Kel­ler Steff Band, Kin­der­mu­seum Mün­chen, K&L Rup­pert, Kofelg­schroa, Lidl, Louis Vouit­ton, Mar­cel Oster­tag, merz punkt, Phi­lip Mor­ris, Süddeutsche.de, Stren­esse, Trikont
People
Jane Goo­dall, Ali Mit­gutsch, Ott­fried Fischer, Hans Söll­ner, LaBrass­Banda, Die­ter Wie­land, Hans Well, Kel­ler Steff Band, Kofelgschroa

Sonja Her­pich

Sonja Herpich

Sonja Her­pich ist als Foto­gra­fin nicht gerade unauf­fäl­lig. Sie deu­tet auf ihre magen­ta­ro­ten Haare: ‚Ich bin sehr far­ben­froh, damit es den Leu­ten auf­fällt, wenn ich mit einer Kamera auf sie zu komme. Ich lasse mich schlecht ver­ste­cken.‘ Ihre Foto­ar­bei­ten sind des­halb ziem­lich direkt, zie­len klar auf eine ‚Du siehst mich und ich seh dich‘-Konfrontation, sogar dann, wenn keine Per­son vor der Linse steht. Aber eine Kon­fron­ta­tion kann genauso ehr­lich sein wie der indi­rekte Voy­eu­ris­mus heim­lich auf­ge­nom­me­ner Bil­der. Vor allem des­halb nennt Her­pich ihren Stil selbst ‚sehr natür­lich‘. Viele ihrer Fotos sind von dif­fe­ren­zier­ten Ton­wer­ten und leben­di­gen Tex­tu­ren durch­wo­ben. Sie arbei­tet mit Farbe, auch wenn die letzt­end­li­che Foto­gra­fie in Schwarz­weiß ist, wie sie sagt, weil Mün­chen sonst sehr ent­sät­tigt wirkt. Man stellt schnell fest, dass es hier kaum Graf­fiti gibt, sagt Her­pich. Es ist eine sehr sau­bere Stadt und sie fühlt sich zu ihren unor­dent­li­chen Stel­len hin­ge­zo­gen.“ (Ele­phant Maga­zine, Issue 13 – Win­ter 2012/13, S. 196)